Zum neuen Quartier im Tübinger Ortsteil Pfrondorf zählt ein Wohn- und Mischgebiet sowie ein Gewerbegebiet. Die swt rechnen mit einem Wärmebedarf von rund 2,5 Mio. Kilowattstunden pro Jahr.
Den Mittelpunkt der Wärmeversorgung bildet eine zentrale Wärmepumpen-Anlage, die sowohl die Außenluft als auch – vorzugsweise im Winter – das Erdreich als Wärmequelle nutzt. Gerade bei kalten Außentemperaturen hat das Erdreich eine höhere Temperatur als die Luft. Dadurch arbeitet die Wärmepumpe mit höherer Effizienz und verbraucht weniger elektrischen Strom. Erdwärmesonden nehmen die regenerative Wärme aus dem Erdreich auf.
Im Sommer und in der Übergangszeit hat die Außenluft eine höhere Temperatur als das Erdreich. In diesen Zeiten arbeitet die Anlage vorrangig mit der Außenluft als Wärmequelle. Zum Einsatz kommen sogenannte PVT-Kollektoren (PV-Module mit Wärmeübertrager auf der Rückseite) auf dem Dach der Heizzentrale. Wärmeübertrager auf der Rückseite von PV-Modulen ermöglichen dadurch eine Doppelnutzung der Dachfläche, um Strom und Wärme zu erzeugen. Primär dient die Wärme als Quelle für die Wärmepumpe, sie lässt sich aber auch zur Regeneration der Erdsonden nutzen. Der für den Betrieb der Wärmepumpen benötigte Strom wird – soweit möglich – von den PVT-Kollektoren auf dem Dach der Heizzentrale erzeugt. Für den darüber hinaus benötigten Strom setzen die Stadtwerke Tübingen ihren eigenen Ökostrom ein – im Sinne einer ökologisch ausgerichteten Wärmeversorgung.
BHKW mit Pufferspeicher für Sicherheit und maximale Flexibilität
Geplant ist außerdem ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Für die Wärmewende ist die Koppelung von Strom und Wärmeerzeugung eine wichtige Technologie. Die erzeugte Wärme kann entweder direkt in das Wärmenetz eingespeist werden oder in einen Pufferspeicher geleitet werden. Bei hohen Wärmelasten kann die Wärmepumpe somit den BHKW-Strom auch direkt nutzen oder die Wärme hilft dabei, die volatile Stromerzeugung Erneuerbarer Energien im Stromnetz auszugleichen. Als Rückfallebene sorgt ein Spitzenlastkessel für die notwendige Redundanz, welcher nur bei extrem kalten Wetterlagen in Betrieb geht.
Probebohrung bringt Planungssicherheit
Im Baugebiet Weiher sind grundsätzlich gute geothermische Standortverhältnisse für die Nutzung von Erdwärme zu erwarten. Zuverlässige Planungswerte für das Erdsondenfeld sind allerdings sehr wichtig. Deshalb führen die Stadtwerke Tübingen im Zeitraum von Mitte März bis Anfang Mai eine Probebohrung, verschiedene Messungen und Tests durch. Dabei erkunden Spezialisten den Untergrund, um geologische Risiken auszuschließen und eine sinnvolle Bohrtiefe für das spätere Erdsondenfeld festzulegen. Mit Hilfe eines sogenannten ‚Thermal Response Tests‘ wird unter anderem die spezifische Wärmeleitfähigkeit und die ungestörte Untergrundtemperatur am Standort ermittelt – wichtige Parameter, um die später nötige Anzahl an Erdsonden berechnen zu können. In Pfrondorf sind bereits Erdwärmesonden-Anlagen umgesetzt worden, deren Erkenntnisse mit einfließen. Dennoch ist die anstehende aktuelle Bestandsaufnahme des Untergrunds für die weiteren Planungen wichtig.
Hintergrund: Sicherheitsmaßnahmen LQS-Erdwärmesonden
Um Schäden bei der Errichtung und des Betriebs von Erdwärmesonden zu verhindern, wurden 2011 vom Umweltministerium Baden-Württemberg Leitlinien zur Qualitätssicherung bei der Herstellung von Erdwärmesonden eingeführt (LQS-Erdwärmesonden). Die Leitlinien werden von der für die Zulassung der Erdwärmesondenanlage zuständigen Genehmigungsbehörde in der konkreten Zulassungsentscheidung umgesetzt. Seit der Einführung dieser Leitlinien kam es zu keinen nennenswerten Schäden im Zusammenhang mit Erdsondenbohrungen.
Die Leitlinien umfassen grundlegende Qualitätsstandards zur Qualifikation des Bohrpersonals, der Ausrüstung auf Bauhof und Baustelle, zu Mindestanforderungen an die Baustoffe und Mischtechnik, zum Einbau der Erdwärmesonden, und besonders zum Abdichtungsvorgang und dessen Kontrolle. Daneben werden auch Anforderungen an eine Füllstandskontrollmessung der Verfüllarbeiten und eine externe und unabhängige Überwachung gestellt sowie Anforderungen an die Dokumentation formuliert. Die Leitlinien wurden 2011 eingeführt und werden entsprechend gepflegt, bei Bedarf angepasst und überarbeitet. 2019 wurden auf Basis von Forschungsergebnissen und Praxiserfahrungen Anforderungen aktualisiert und auch die Anforderungen an den Versicherungsschutz erhöht.