Technische Mindestanforderungen
für die Auslegung und den Betrieb dezentraler Erzeugungsanlagen zur Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz der Stadtwerke Tübingen GmbH, Stand: 01.11.2024
1. Allgemein
Betreiber von Gasversorgungsnetzen sind entsprechend § 19 Absatz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes verpflichtet, technische Mindestanforderungen an die Auslegung und den Betrieb von Netzanschlüssen von dezentralen Erzeugungsanlagen festzuschreiben. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um die Zusammenstellung der wichtigsten Anforderungen verschiedener Arbeitsblätter der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW), in denen die in Deutschland geltenden, allgemein anerkannten Regeln der Technik in der Gaswirtschaft festgelegt sind.
Ferner sind die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Regeln und Richtlinien zum Bau und Betrieb von Anlagen zur Biogasherstellung und -einspeisung zu beachten, auch wenn sie in diesen technischen Mindestanforderungen nicht ausdrücklich erwähnt werden.
2. Anforderungen an die Gasbeschaffenheit
Grundlage für die Beschaffenheit von Gasen aus regenerativen Quellen ist das DVGW-Arbeitsblatt G 260. Soll das hergestellte methanreiche Gas in das öffentliche Gasnetz eingespeist werden, so muss das Gas den Anforderungen dieses DVGW-Arbeitsblattes, insbesondere der 2. Gasfamilie, Gruppe H, entsprechen. Brennwert und Wobbe-Index müssen dabei am Einspeisepunkt mit denen des Gases im Netz übereinstimmen und können bei den Stadtwerken Tübingen erfragt werden.
Eine Einspeisung von Biogas mit Flüssiggaszumischung kann nur nach Einzelfallprüfung in Abstimmung mit den Stadtwerken Tübingen erfolgen. Flüssiggaszumischung kann z. B. zur Beeinflussung des Kondensationsverhaltens an Verbrauchsstellen und Erdgastankstellen führen.
3. Gasbegleitstoffe
Das Gas muss technisch frei von Nebel, Staub und Flüssigkeiten sein. Das Biogas darf keine Komponenten und/oder Spuren enthalten, die einen Transport, eine Speicherung oder eine Vermarktung behindern oder eine besondere Behandlung erfordern.
4. Anforderungen an die Abrechnung
Die eingespeiste Gasmenge und der Brennwert des Gases müssen mit geeichten Messinstrumenten gemessen und registriert werden. Dabei muss der Stundenlastgang mit hierfür zugelassenen Geräten aufgezeichnet werden. Ist damit zu rechnen, dass die Konzentration bestimmter Komponenten, wie z.B. H2S, O2 oder CO2, überschritten wird, so ist die Konzentration dieser Komponenten kontinuierlich zu überwachen, bzw. sofortige Abhilfe zu schaffen.
Bei Ausfall eines der Messinstrumente muss durch den Einspeiser sichergestellt werden, dass die Anlage automatisch in den sicheren Zustand gefahren wird bzw. durch Ersatzgeräte eine Absicherung erfolgt. Es ist in jedem Fall sicherzustellen, dass keinerlei schädlichen Auswirkungen auf das nachgelagerte Netz auftreten.
Anforderungen zur Einhaltung des Eichrechtes im Rahmen der Systeme des Netzbetreibers sind durch den Einspeiser einzuhalten. So darf sich aus eichrechtlichen Gründen im Abrechnungszeitraum der Brennwert des eingespeisten Gases i.d.R. um nicht mehr als 2 % vom mengengewogenen mittleren Brennwert des Erdgases unterscheiden, siehe DVGW-Arbeitsblatt G 685. Dieses ist vor Beginn der Einspeisung mit dem Netzbetreiber abzuklären. Der mengengewogene mittlere Brennwert an dem beantragten Einspeiseort ist bei der Stadtwerke Tübingen GmbH abzufragen.
5. Anforderungen an die Aufnahmefähigkeit des Gasnetzes
In jedem Einzelfall muss durch die Stadtwerke Tübingen GmbH geprüft werden, ob das Gasnetz zur Aufnahme der einzuspeisenden Biogasmenge kapazitiv und hydraulisch in der Lage ist. Bei der Prüfung der Einspeisekapazität sind auch evtl. bereits existierende Biogastransporte durch das Netz, in das eingespeist werden soll, zu berücksichtigen. Das Gasnetz muss in der Lage sein, auch in der Zeit der geringsten Gasabnahme (Sommernacht) das eingespeiste Biogas komplett an Verbraucher abzugeben. Die jederzeitige Abnahme des eingespeisten Biogas an der Ausspeisung muss vertraglich und physikalisch gesichert sein. Abweichungen hiervon können auf Basis der Bilanzausgleichsmöglichkeit des Energie-Wirtschaftsgesetzes (EnWG) und der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) geschaffen werden. Dies gilt auch für den Ausfall der Biogaseinspeisung.
6. Anforderungen an die bauliche Ausführung
Für die bauliche Ausführung und den Betrieb der einzelnen Elemente der Anlage zur Aufbereitung und Einspeisung von Biogas in die öffentliche Gasversorgung wird insbesondere auf folgende DVGW-Richtlinien hingewiesen:
- G 462 Gasleitungen aus Stahlrohren bis 16 bar Betriebsdruck; Errichtung
- G 463 Gashochdruckleitungen aus Stahlrohren für einen Auslegungsdruck von mehr als 16 bar; Planung und Errichtung
- G 472 Gasleitungen aus Kunststoffrohren bis 16 bar Betriebsdruck; Errichtung
- G 491 Gas-Druckregelanlagen für Eingangsdrücke bis einschließlich 100 bar
- G 492 Gas-Messanlagen für einen Betriebsdruck bis einschließlich 100 bar
- G 497 Verdichterstationen
- G 265-1 Anlagen für die Aufbereitung und Einspeisung von Biogas in Gasversorgungsnetze; Teil 1: Planung, Fertigung, Errichtung, Prüfung und Inbetriebnahme
- G 280 Gasodorierung
in der jeweils aktuellen Version.
Sowohl zum nachfolgenden Netz als auch zur einspeisenden Anlage ist eine Druckabsicherung vorzusehen. Das einzuspeisende Gas ist auf den für das nachfolgende Netz geeigneten Druck zu verdichten. Der Übergabepunkt zum Netz befindet sich an der Eingangsschweißnaht bzw. am Eingangsflansch des Übergabeschiebers.
Das eingespeiste Biogas ist in Abstimmung mit der Stadtwerke Tübingen GmbH entsprechend der DVGW-Richtlinie G280 zu odorieren. Das Gas muss mit den gleichen Geruchsstoffen angereichert sein, wie das Erdgas der Stadtwerke Tübingen GmbH.
7. Allgemeine Angaben des Einspeisers an den Netzbetreiber
Der potenzielle Einspeiser hat Angaben über den minimal und maximal einzuspeisenden Gasvolumenstrom in m³/h und Besonderheiten in der zeitlichen Verteilung (z.B. geplante Wartungsarbeiten) mitzuteilen. Auf Anfrage stellt der Einspeiser der Stadtwerke Tübingen GmbH weitere für den ordnungsgemäßen Netzbetrieb erforderliche Angaben zur Verfügung. Gemeinsam mit der Stadtwerke Tübingen GmbH ist ein Einspeiseort zu planen. An- und Abfahrvorgänge, sowie der sichere Zustand der Anlage sind zu spezifizieren.
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