Windparks der Stadtwerke Tübingen (bzw. anteilig als Mitglied der KommunalPartner) stehen bislang unter anderem in Oberkochen, Ellwangen/Aalen, Framersheim oder Tuttlingen – und somit allesamt weiter entfernt oder gar in anderen Bundesländern. Die letzte Beteiligung der swt an einem Windpark liegt fünf Jahre zurück. Seither kam der Windkraft-Ausbau insbesondere in Süddeutschland weitgehend zum Erliegen. So sind in Baden-Württemberg zwischen Januar 2019 und Juni 2022 in dreieihalb Jahren nur 48 Windkraftanlagen in Betrieb gegangen, während es allein 2017 noch 123 gewesen waren.[1] Auch in der Bevölkerung und Regionen potenzieller Windpark-Standorte wurden die Widerstände nicht kleiner – trotz der gebotenen Dringlichkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien, die schon vor der aktuellen Energiekrise groß war.
Mit dem jüngst genehmigten Windpark Hohfleck im Landkreis Reutlingen gibt es nun einen positiven Lichtblick, der in Zeiten der nochmals deutlich gesteigerten Bedeutung der Energiewende auch ein Aufbruchssignal sein kann. Der Windpark entsteht mit fünf Anlagen im Waldgebiet zwischen Sonnenbühl-Undingen und Engstingen. In einem ersten Schritt übernimmt die swt-Tochter Ecowerk GmbH 50 Prozent Anteile an der Projektgesellschaft. Die Stadtwerke Tübingen beabsichtigen, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Anteile zu erwerben. Gebaut wird der Windpark vom Sonnenbühler Projektentwickler SoWiTec, mit der die swt bereits in der Vergangenheit, unter anderem bei der Stromvermarktung des Windparks bei Melchingen, zusammengearbeitet haben.
„Bislang gab es in Tübingen und Umgebung keine Gelegenheiten ein Windparkprojekt umzusetzen. Dass die Stadtwerke Tübingen nun in Sonnenbühl mit dem Windpark Hohfleck die Gelegenheit haben, beim ersten Windparkprojekt in der Region seit vielen Jahren maßgeblich mitzuwirken, ist ein positives Signal in die richtige Richtung“, sagt swt-Geschäftsführer Ortwin Wiebecke. „Auf unserem Erneuerbaren-Ausbaupfad sind wir in letzter Zeit mit Photovoltaik-Projekten gut vorangekommen. Ein Windparkprojekt allerdings bringt nochmals einen deutlichen Schub. Dass dies – nach vielen Jahren der Flaute bei der Windkraft – mit einem Projekt quasi vor unserer Haustüre gelingen könnte, ist besonders erfreulich.“
Großer Schritt auf dem EE-Ausbaupfad möglich
Die fünf geplanten Windkraftanlagen des Herstellers Vestas haben eine Gesamthöhe von 200 Metern (Nabenhöhe 137 Meter) und haben eine Gesamtleistung von 18 Megawatt. Die Windhöffigkeit am geplanten Standort in der Gemeinde Sonnenbühl wird als aussichtsreich eingestuft. Getrübt wird die Freude über die Genehmigung durch eine Klage gegen diese Genehmigung. Die Begründung hierzu liegt noch nicht vor.
„Die Klage hat uns nicht wirklich überrascht – obwohl wir in der aktuellen Energiekrise lokalen Strom dringender denn je benötigen. Klagen gegen Windkraft-Genehmigungen sind mittlerweile Standard und haben in erster Linie das Ziel den Ausbau der Windkraft zu behindern“, sagt Wiebecke. „Aktuelle Zahlen, die beispielsweise aus Hessen bekannt sind, zeigen, dass bei 120 genehmigten Windkraftanlagen gegen 83 geklagt wurde[2].“
Sollte nach erfolgreichem Bau des Windparks dessen Stromerzeugung wie erwartet anfallen, könnten die swt die Menge ihres selbst aus Erneuerbaren-Anlagen erzeugten Ökostroms um weitere neun Prozent steigern: Auf dann insgesamt knapp 75 Prozent des Tübinger Gesamtverbrauchs. Diesen Wert hatten die swt als Ausbauziel für das Jahr 2024 ausgegeben. Das für 2020 anvisierte 50-Prozent-Ziel hatten die Stadtwerke Tübingen bereits 2018 erreicht.
[1] Quelle: um.baden-wuerttemberg.de/de/energie/erneuerbare-energien/windenergie/entwicklung-des-windenergieausbaus/
[2] Quelle: www.energie-und-management.de/nachrichten/erneuerbare/detail/klagen-gegen-zwei-von-drei-windkraftanlagen-in-hessen-150986